Anachronox

Eine Geschichte darüber, wie ein gescheiterter Detektiv zum Anführer eines Teams von ebenso gescheiterten Individuen wird, die dazu bestimmt sind, die Heimatgalaxie zu retten

                                       ¤ YUMMY ¤

     • Inszeniertes Leben der Galaxie •

Die Regie in „Anachronox“ ist einfach unglaublich! Eine solch erstklassige „Kameraführung“, Schauspielkunst und insgesamt hochwertige künstlerische Materialien muss man in anderen Projekten erst einmal suchen! Humor, Plot-Twists sowie eine Prise Pathos, epische Dramatik und Philosophie. Wenn man alle Zwischensequenzen herausschneiden und zu einem Ganzen zusammenfügen würde, entstünde ein sehr interessanter und fesselnder „Spiel-Film“, wobei der Schwerpunkt auf dem Wort „FILM“ liegt

     • Gameplay-Sandbox der frühen 2000er •

Im Laufe des Spiels versucht es ständig, dich zu überraschen! Es wirft dir immer wieder ein neues „Schmankerl“ in die ohnehin schon vollgefüllte Schale mit süßen Trockenfrüchten. Du spielst ein „sci-fi_rpg“, und plötzlich – ein „arcade transport level“, bei dem du mit einem Shuttle fallenden Meteoriten ausweichen musst, oder du tauchst unerwartet in die Realität eines Detektiv-Quest-Runners ein oder beginnst, einfache Puzzles zu lösen. Dazu kommt eine ständig wachsende und sehr ungewöhnliche Helden-Party, bei der jedes Mitglied eine einzigartige „friedliche Fähigkeit“ in Form eines lustigen Minispiels hat

     • „Das gab es schon bei den Simpsons“ •

Mit der Zeit fällt einem unweigerlich auf, dass „Anachronox“ Anspielungen auf verschiedene bekannte Personen, Ereignisse, Filme und Popkultur enthält. Hier kann man zum Beispiel das Musikquartett „MITLZ“ treffen… oder Dr. Einbert Alstein… das örtliche Taxi sieht aus wie im Film „Das fünfte Element“… insgesamt von allem ein bisschen. Außerdem haben die Entwickler versucht, die vierte Wand zu durchbrechen, indem sie ein NPC in das Spiel eingefügt haben, der wie ein verrückter Prophet schreit, dass: „wir alle nur Marionetten in fremden Händen sind, die nur vorbereitete Phrasen wiederholen sollen… bla bla bla“. Aber das Wichtigste ist, dass solche Kleinigkeiten sehr harmonisch eingeflochten sind

                                        ¤ WTF!? ¤

     • „J“ — das ist auch RPG •

Das Kampfsystem im Spiel ist ziemlich umstritten, „à la jRPG“. Vielleicht würde es neutrale Eindrücke hinterlassen, aber alles wird durch die schreckliche „wilde Kamera“ in den Kämpfen ruiniert, die ständig rotiert, sich dreht, springt und atemberaubende Zirkusmanöver ausführt… Und dabei — alles, was auf dem Bildschirm passiert, zieht sich bis zu unverschämten Zeitrahmen hin. Nach dem zweiten Kampf kann man problemlos den vestibulären Test für Astronauten bestehen.

Außerdem ist im Eifer des Gefechts absolut unklar: Welche negativen Effekte der Gegner auf die Helden anwendet, oder wie viel Schaden der Spieler verursacht, wenn er seine spezielle Fähigkeit einsetzt, und ob er überhaupt Schaden verursacht. Aufgrund solcher unausgereiften Komponenten wird der Eindruck von den Kämpfen stark negativ. Ich habe nichts gegen „jRPG“, aber in „Anachronox“ wirken solche angehängten Elemente irgendwie völlig fremd

     • „Life-Cursor“ zu deiner (Un-)Hilfe •

Der zweite umstrittene Punkt, und ein gewichtigerer, ist… im Prinzip alles andere im Spiel. Es gibt fast keine Nebenquests (erinnere dich, es ist ein RPG), die Aufgaben selbst werden manchmal überhaupt nicht im Journal („Life-Cursor“) aufgezeichnet oder bleiben als kleine Notiz, aus der man nichts versteht. Es gibt keine Karten der Orte, nicht einmal eine Mini-Karte. Die Steuerung ist ungewohnt, aber um fair zu sein, man kann sich schnell daran gewöhnen. Und überhaupt ist das Spielinterface ziemlich hässlich und unpraktisch.

Alle Charaktere sind minimal vertont – nur in Zwischensequenzen. Das Gesamtdesign der Städte/Stationen ist großartig, aber ein Wermutstropfen sind die zahlreichen eintönigen Keller/Kanalisationen und das spärliche Set an Texturen einzelner Elemente (manchmal sogar der Schlüssel). Das letzte Viertel des Spiels ist ein einziges leeres Herumrennen und Fliegen von „Punkt A“ nach „Punkt B“. Und natürlich nicht die beste technische Seite (obwohl das heutzutage niemanden mehr erschreckt)

                                              ¤ PS ¤

„Anachronox“ ist ein einzigartiges Projekt. Eine derartige RPG (mit einer insgesamt so gelungenen Kompilation völlig verschiedener Dinge) findet man wohl kaum noch. Ich habe gehört, dass viele sagen: es sei der Vorläufer von „Mass Effect“, glaubt ihnen nicht – das ist eine dreiste Lüge. Die Ähnlichkeit ist so entfernt, dass sie nichts gemeinsam haben. „Anachronox“ ist lebendiger und weniger heldenhaft-klischeehaft. Außerdem glaubst du hier viel eher an das Geschehen und tauchst besser in das alltägliche Leben des Detektivs Sylvester „Sly“ Boots und „Co“ ein.

Es ist eines dieser Spiele, das ein Remaster verdient. Eindeutig.